Marktaussichten des Futtermittel- und Agrargewerbes
Handel
Absatz- und Umsatzwachstum bei Futtermittel- und Agrargewerbe
Am Donnerstag luden der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) und der Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft (BVA) in Berlin zur Jahrespressekonferenz. Fazit: Getreide- und Ölsaatenmarkt sind stabil und Futtermittelindustrie verzeichnet Absatz- und Umsatzwachstum.
BVA
Rund 50 Prozent des Marktes im Bereich Futter, Düngung
und Pflanzenschutzes sind im BVA organisiert, der nach BVA-Präsident Bruno
Fehse im letzten Jahr zweistellig gewachsen ist. Mit einer guten Kapitalbasis
ausgestattet ist die agrargewerbliche Wirtschaft ein Träger des ländlichen
Raums. Die Vermarktung der letzten Ernte ist weiter als üblich fortgeschritten
und Blick auf das kommende Erntejahr lässt auf stabile Preise hoffen.
Nach Einschätzung von Konrad Weiterer, Vorsitzender des
BVA-Getreideausschusses dürften nur noch 15 Prozent der letztjährigen
Weizenernte verfügbar sein. Gerste und Raps sind praktisch ausverkauft. Druck
auf die Läger üben neue Kontrakte aus, wie der mit dem Iran über 420.000 Tonnen
Weizen. In diesen Tagen werden in Rostock 80.000 Tonnen für den Iran verladen.
Entscheidend für die Preise sind die Ernteschätzungen,
die sich langsam verdichten. Der Deutsche Raiffeisenverband kam anfang März in
seiner ersten Schätzung auf rund 44 Millionen Tonnen Getreide, gut 23 Millionen
Tonnen Weizen. Der BVA ist etwas vorsichtiger und korrigiert den Weizen auf
unter 23 Millionen Tonnen. Bis Ende März wird es eine genauere Übersicht geben,
wie viel Getreidepflanzen der strengen Januarfrost gekostet hat. Friedhelm
Schneider, Präsident des Hessischen Bauernverbandes, hatte schon „deutliche Schäden
im Wintergetreide“ vermeldet. Die Pflanzen haben wegen der fehlenden
Schneeauflage stärker gelitten als
ursprünglich angenommen. Wie viel Auswinterung es letztlich gegeben hat, ist
noch offen. Im Raum südlich von Hannover haben einzelne Bauern ihr ganzes
Wintergetreide schon umbrechen müssen, für Niedersachsen schätz Weiterer
Schäden in Höhe bis zu 30 Prozent. Demgegenüber kommen Schleswig-Holstein und
Ostdeutschland fast ohne Schäden aus. Die Flächen mit Auswinterungsschäden
werden jetzt neu bestellt und meist kommt Mais auf die Fläche, so Weiterer.
Warenterminbörsen
Die Warenterminbörsen sind für das Agrargewerbe eine wichtige Stütze für die Preisabsicherung, unterstrich Bruno Fehse in Berlin. Mit Sorge blickt er auf die Regulierungsbemühungen, die in der Politik diskutiert werden. Zwar sei das Bestreben Preisschwankungen einzudämmen und die Markttransparenz zu erhöhen nicht falsch, aber die Funktionalität der Warenterminbörse müsse erhalten bleiben. Vor allem die Meldepflicht für den OTC-Handel (Over the Counter) würde die Marktbeteiligten mit bürokratischem Aufwand belasten. So müsste eine Partie Weizen, die mehrmals gehandelt werden kann jedes mal neu gemeldet werden. Preislimits und Positionsgrößen würden die Handelbarkeit einschränken und die Kreditratings verschlechtern.
DVT
DVT-Präsident Helmut Wulf zeigt sich mit den
Jahresergebnissen 2011 sehr zufrieden. Der Umsatz stieg auf 8,1 Milliarden
Euro, was vor allem auf gestiegene Futtermittelpreise zurückzuführen ist. Doch
ist der Futtermittelbedarf auch leicht gestiegen. Mit 22,7 Millionen Tonnen
Mischfutter wurde 2,7 Prozent mehr als im Jahr davor verkauft.
Hohe Getreidepreise veranlassen die Bauern ihr Getreide
zu verkaufen und auf Mischfutter umzusteigen. Größere Tierhaltungsanlagen
fördern den Bedarf, wobei sich vor allem die Schweinehaltung als Nachfragemotor
herauskristallisiert hat. Mit 9,9 Millionen Tonnen wurde fünf Prozent mehr
Mischfutter nachgefragt. Nach der Umstellungsphase im Legehennenbereich auf die
neuen Haltungsformen kommt auch dieser Futtermarkt wieder in Schwung. Stark
bleibt die Geflügelmast mit 80 Millionen Mastplätzen. Weiter 36 Millionen sind
nach Wulf geplant, davon etwa elf Millionen im Emsland.
Insgesamt bleibt die Nachfrage bei angespannter
Weizenversorgung rege, so dass Wulf für das Jahr 2012 keine Preisentlastung
voraussieht.
Mischfutterherstellung in Deutschland; DVT
Herausforderungen
Weil die Tierhaltung in Deutschland in der Kritik
steht, treffen Entscheidungen über Betriebsgrößen und Flächenbindung auch die
Futtermittelwirtschaft. Generell wird der Bedarf an Mischfutter dennoch
steigen, erläuterte Wulf, denn die wachsende Bevölkerung wird auch einen
steigenden Bedarf an tierischen Lebensmitteln haben. Dennoch ist das Thema für
den DVT interessant. Geschäftsführer Bernhard Krüsken ergänzt, dass es künftig
auch aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes mehr darum geht, mehr Fleisch
aus weniger Futter zu erzeugen.
Eine andere Herausforderung ist die Nachfrage nach
Futtermitteln ohne gentechnisch veränderte Pflanzen. Bayern hat erst kürzlich
Lieferverträge mit brasilianischen Sojaanbauverbänden abgeschlossen. Das ist
nicht neu, denn auch die BayWa habe bereits längere Lieferbeziehungen die
zwischenzeitlich mal geruht haben. Viel spannender sei die Frage, so Wulf, wie
lange die solche Kontrakte halten werden. Argentinien ist als Markt für
gentechnisch unverändertes Soja schon lange ausgefallen und ob die Bauern in
Brasilien ausschließlich für den europäischen Markt GVO-freies Futter anbauen
wollen, bleibe fraglich. Der Abnehmer China frage nicht danach und GVO-freie
Ware könnte als knapper werdendes Gut im Preis steigen. Heimischer Ersatz durch
Körnerleguminosen sei wegen der schwachen Ertragslage derzeit nicht in Sicht,
so Krüsken.
Forschung
Der DVT ist Träger der Henneberg-Lehmann-Stiftung, die
jährlich besondere wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der
Tierernährung würdigt. In einer Feierstunde an der Universität Göttingen werden
alle zwei Jahre die Preisträger gewürdigt.
Den Preis 2011 erhielt diese Woche Dr. Klaus Eder von der
Universität Gießen (im Bild li.) für seine umfangsreiche Ergebnisse „zur
Regulation insbesondere des Lipidstoffwechsels durch Transkriptionsfaktoren
sowie des Carnitinstoffwechsels bei Labor- und Nutztieren als Basis neuer
Entwicklungen in der Tierernährung“. Die Transkriptionsfaktoren spielen bei der
Vermittlung der Wirkung von Nährstoffen auf den Stoffwechsel eine Rolle und
regeln beispielsweise die Futteraufnahme.
Frau Dr. Jeannette Boguhn, Universität Hohenheim,
erhielt den Förderpreis 2012 für die Forschungsarbeiten zu wichtigen Einflussgrößen
auf Fermentationsprozesse im Pansen und die Pansenflora von Wiederkäuern.
Privatdozent Dr. Harald M. Hammon, Leibniz-Institut für Nutztierbiologie,
Dummerstorf, wurde für seine Erkenntnisse von ernährungsphysiologischen
Einflussfaktoren beim Kalb ausgezeichnet. Privatdozent Dr. Holger Kluth,
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, durfte den Förderpreis für seine
grundlegenden methodischen Arbeiten zur Dünndarmverdauung beim Geflügel
entgegennehmen.
DVT-Präsident Helmut Wulf unterstrich die besondere
Bedeutung der Tierernährungswissenschaft für die Futtermittelindustrie. „Wir
brauchen beides – die Molekularbiologie und die Futtermittelkunde“, so Wulf.
Beides sei für die moderne Tierhaltung wichtig und helfe, die Menschen zu
ernähren.
Lesestoff:
Einen Überblick über aktuelle Forschungen im Bereich der Futtermittelwirtschaft gibt es am Montag
Roland Krieg; Foto: DVT